Hallo Ihr Lieben!
Ich weiß gar nicht, wo ich genau beginnen soll.
Wahrscheinlich mit dem offensichtlichsten: ich habe meine über alles geliebte Oona am Mittwoch, den 17.04.24, fast auf den Tag zwölf Jahre, nachdem ich sie zu uns nach Hause geholt habe, gehen lassen. Sie ist zwölf Jahre, zwei Monate und einen Tag alt geworden.
In der Nacht von Dienstag auf Mittwoch ging es ihr nicht gut. Sie war in Behandlung wegen Harnsteinen, sie bekam ein spezielles Futter, das die Steine auflösen sollte und die kommende Woche hatten wir nochmal einen Termin bei unserer Tierärztin zum Ultraschall. Vielleicht hätten wir Glück gehabt und sie wäre um eine OP herum gekommen. Leider war dem nicht so.
Sie setzte in besagter Nacht keinen Urin mehr ab und ich sagte zu meinem Mann "mit ihr stimmt was nicht, lass uns in die Klinik fahren". Ich ahnte schon, dass sich einer der Steine in die Harnröhre verirrt haben musste. Oona hechelte stark und machte einen ganz krummen Rücken beim Versuch, Urin abzusetzen. Sie drückte sogar so stark, dass Kot mit raus kam.
Das war auch meinem Mann nicht geheuer und so packten wir Oona, unsere Tochter und uns ins Auto und fuhren zur Klinik.
Dort angekommen, untersuchte der Arzt sie eingehend. Ihr Bauch war ganz hart, das habe ich zuhause schon bemerkt. Ich sagte noch zu dem Arzt, dass sie den Bauch immer hart macht, wenn man sie dort abtastet, aber das war selbst für die jährliche Kontrolle bei unserer Tierärztin zuviel harter Bauch.
Sie kam dann zum röntgen und die anschließenden Bilder sahen nicht gut aus. Es waren sehr viele Harnsteine zu sehen, der größte hatte einen Durchmesser von etwa drei Zentimetern. Und einer steckte tatsächlich in der Harnröhre und verhinderte das absetzen von Urin.
Wir besprachen dann, sie in der Klinik zu lassen, damit sie am Morgen eine OP erhält. Vorher wurde sie ruhig gestellt und bekam einen Katheter, um die Blase zu entleeren.
Ich ließ meinen Hund mit einem unruhigen Gefühl zurück. Wir haben alle in dieser Nacht nicht mehr geschlafen, ich ließ meine Tochter am Morgen aus der Schule zuhause und habe mir bei der Arbeit einen Tag Urlaub eintragen lassen.
Am Mittwoch vormittag dann, etwa gegen halb zehn, rief die Klinik an. Bei der Voruntersuchung per Ultraschall für die OP fanden sie viel freie Flüssigkeit im Bauchraum. Sie konnten sich nicht erklären, wo das herkam und baten um Zustimmung für ein CT.
Ich stimmte zu und wartete weiter ab. Das CT sollte etwa um die Mittagszeit stattfinden. Etwa um halb eins rief die Klinik wieder an, das CT brachte leider keinen eindeutigen Aufschluss, woher die Flüssigkeit stammte. Es wäre weder Blut noch Urin. Was man aber sehen konnte, waren unglaublich viele Gewebeansammlungen unklarer Herkunft.
Diese Gewebeansammlungen verdrängten Milz und Niere. Ich sollte mir das wie ein Kartoffelnetz vorstellen, das gefüllt mit Kartoffeln ist. Genaueren Aufschluss könnte nur eine Laparatomie bringen, die mindestens weitere drei Tage stationären Aufenthalt in der Klinik bedeutet hätte.
Zu dem Zeitpunkt dieses Anrufs war ich auf der Arbeit, weil ich vor lauter Sorge und Unruhe nicht wusste, wohin mit mir. Die Frau meines Chefs war auch da, sie ist selbst Tierärztin und kennt meine Hündin von klein auf, auch wenn wir nicht bei ihr in Behandlung waren. Sie hörte das Gespräch mit der Ärztin aus der Klinik mit, ich hatte mein Telefon auf Lautsprecher. Die Ärztin in der Klinik hat natürlich im Fachjargon gesprochen mit der Frau meines Chefs. Es fielen die Begriffe karzinogen und lymphome.
Im Beisein einer Frau vom Fach und unter dem Punkt des Alters meiner Hündin habe ich mich gegen eine weitere Behandlung entschieden und für ein gehen lassen meiner geliebten Oona. Sie lag schon in Narkose, so sind wir so schnell es ging in die Klinik gefahren und haben uns von ihr verabschiedet.
Den restlichen Mittwoch und die Nacht habe ich mir Vorwürfe gemacht, hätte ich nicht doch weiter untersuchen lassen sollen? Habe ich ihr wirklich einen Gefallen getan, indem ich sie habe gehen lassen? Hätte es doch Hoffnung gegeben?
Am nächsten Tag rief mich unsere Tierärztin an. Sie hatte den Befund aus der Klinik erhalten und war sehr schockiert darüber, was sie dort zu lesen und zu sehen bekommen hat. Sie sagte, dass das, was sie auf den Bildern vom CT sieht, nichts gutes ist. Etwas, das von Anfang Februar, als wir bei ihr zum Ultraschall waren, bis April so massiv gewachsen ist, ist bösartig. Ich habe die einzig richtige Entscheidung getroffen, indem ich Oona habe gehen lassen. Sie hätte bei einer weiteren Behandlung keine Lebensqualität mehr gehabt, auch im Hinblick auf ihr Alter. Sie hätte mit ihrem eigenen Hund nicht anders entschieden.
Ich war ihr so dankbar, dass sie klare Worte für mich gefunden hat und mir die Dinge so gesagt hat, wie sie waren. Ich könnte zumindest in dem Punkt, ob ich richtig oder nicht richtig entschieden habe, etwas Frieden finden. Und trotzdem....
Trotzdem ist mir der Boden unter den Füßen weg gerissen worden, ich befinde mich im freien Fall und finde kaum Trost. Ich habe liebe Menschen um mich herum, die mich trösten und versuchen, mir Zuversicht zu geben. Und trotzdem. Sie fehlt mir überall, sie hat ein Stück von mir mit sich mitgenommen, ich fühle mich unglaublich allein und verlassen. Ich möchte sie wiederhaben, ihr noch einmal durchs Fell wuscheln und sie festhalten, was sie absolut nicht mochte und immer brummig wurde, wenn ich das gemacht hab. Sie fing dann immer an, mich dolle abzuschlecken, weil sie wusste, dass ich das nicht mochte. Ich möchte lachen, wenn ich daran denke, aber ich will nur heulen. Ich weiß, ihr wisst, wovon ich spreche.
Sie kommt wieder nach Hause zu mir, die Tierbestattung Rosengarten hat sie abgeholt und ich habe eine schöne Urne für sie ausgesucht. Ich hoffe, dass es etwas leichter wird, wenn sie wieder in meiner Nähe ist. In zwölf Jahren war ich nur einmal für vier Tage von ihr getrennt, als ich im Krankenhaus meine Tochter entbunden habe.
Und jetzt ist sie voraus gegangen und lässt mich hier zurück, mit einer Lücke, die sich nicht mehr schließen lässt. Mit der Trauer und den Vorwürfen und der Angst, ob ich ihr eine gute Hundemama gewesen bin. Ich weiß, dass ich das war, sie ist mein Seelenhund und mein ein und alles. Aber die Trauer und der Schmerz überschatten alles.