Manu Ja, liebe Manu, offensichtlich ist beides in dir: das Wissen, dass du alles gegeben hast vor ihrem Tod, dass es Ihnen gutgeht UND dass du dich schuldig fühlst. Der Passus mit deiner Mutter hat mich an meine erinnert: Ich rufe sie seit vielen Monaten täglich zweimal an, sie ist über 300 km entfernt in einem Altenheim. Manche dieser Telefonate ertrage ich nur, weil ich sie, nachdem ich aufgelegt habe, manchmal ÜBELST beschimpfe und/oder den Mittelfinger zeige. Das ist ungerecht, sie ist eine alte Frau, die zunehmend dement ist. Aber de facto gibt es beide Anteile: sie so oft anrufen zu wollen, weil sie meine Mutter ist und sehnsüchtig auf meine Anrufe wartet, und sie keinesfalls anrufen zu wollen, weil ich überhaupt nicht mag, kontinuierlich solche Telefonate führen zu müssen. Ich glaube, ich wäre nicht in der Lage, sie anzurufen, wenn ich diesen Ausweg nicht entdeckt hätte und mir gestatten würde. Was ich dir sagen möchte ist, dass es bei dir eben deine Anteile gibt - Trauer in der Vergangenheit und fehlende Trauer in der Gegenwart und Schuldgefühle deshalb - und dass jeder evtl. ein Recht hat und es an dir liegt, beides zu akzeptieren. Das bist alles du, und das Beste was du für dich und deine Liebsten tun kannst, ist dir selbst als ganzer Person, die du eben bist, eine Heimat zu geben.