Liebe Ute,
wir müssen irgendwie neu anfangen, auch wenn es absolut unmöglich scheint. Ich bin froh, dass ich alles weggeräumt, denn jedesmal wenn ich nach hinten zur Wäsche raus muß, sehe ich den Baum, unter dem sie liegt, und mir laufen die Tränen. Ich könnte es nicht ertragen, so wie du, alles stehen zu sehen. Mir scheint es einfacher, alles nicht mehr zu sehen.
Gestern mussten wir in die Stadt, weil die kleinen Katzen nicht das essen wollten, was noch da war. Es war das erste Mal seit dem Unfall, mir war so furchtbar zumute überhaupt in Richtung Auto zu gehen. Paula liebte Auto fahren und hat sich immer bei uns eingekuschelt und die Klimaanlage genossen, das war so niedlich.
Als ich endlich innerlich bereit war, habe ich den Autoschlüssel nicht gefunden und musste dann den Plastikmüll durchsuchen, wo auch letztendlich der Schlüssel war. Und das Auto war nicht mal abgeschlossen, stand also seit der Rückfahrt von der Tierklinik offen. An dem Tag war ich total bescheuert.
Ich wusste, dass es schlimm ist, darum wollte ich kein Haustier. Doch dann saß auf einmal vor unserer Pforte ein ganz, ganz kleiner Hund und hat geduldig gewartet, bis er entdeckt wird. Was sollten wir also machen, keiner wusste etwas, keiner vermisste seinen Welpen, also haben wir ihr ein Zuhause gegeben. Das Grundstück war bis unten eingezäunt, damit keine Streuner reinkommen und mein Mann hat ihr eine Holzhütte gebaut. Paula hat sich ganz schnell eingelebt und war ein total lieber und ruhiger Hund. Ich habe mich viel zu sehr an ihr erfreut, sie ist mir wie ein Kind ans Herz gewachsen und hat neben mir geschlafen. Ich habe sie oft beobachtet, weil ich alles so niedlich fand, wie sie Futter vergräbt und schnüffelt und schnauft. Paula war mein erster Hund. Sie mußte so leiden, weil ich sie nicht vor dem hirnlosem Fahrer beschützen konnte. Das werde ich mir nie verzeihen. Und verstehen kann ich es immer noch nicht, eine Katze und ein kleiner Hund auf der Straße, wir leben auf dem Dorf, hier sind immer Hunde auf der Straße, auch Katzen oder Hühner. Das hätte nicht passieren dürfen.
Und es scheint unmöglich, einfach weiter zu leben wie bisher, weil nichts mehr ist, wie es war. Und wir wissen , das es nie wieder so sein wird, wie es war. Es macht uns machtlos, weil wir etwas akzeptieren müssen, das wir nicht wollen. Irgendwie müssen wir positiv bleiben, es wird mit jedem Tag besser, auch wenn wir es nicht merken. Einige schaffen es schneller, Andere brauchen länger. Aber es wird besser, auch bei dir, langsam und für dich nicht wahrnehmbar. Glaube mir liebe Ute.
Von mir bekommst du keine Umarmung, da das sofort Tränen zur Folge hat. Von mir bekommst du ganz viel positive Energie geschickt die dein Herz erwärmen wird.
Emilia