Jamuk Es freut mich, liebe Kerstin, dass du wieder anfängst, dein "Schicksal" in die eigenen Hände zurückzubekommen. Ich habe auch manchmal überlegt, dass es ein ganz anderer Hund als Mogli sein sollte, als würde ich Mogli mit irgendeinem Hund auf der Welt nur wg. körperlicher Ähnlichkeit verwechseln, so ein Bullshit. Und Frodo hat mich angesprochen, weil er ähnlich und obwohl er unähnlich war (es ist schon, aber nicht nur, das Gewicht: 5,1 kg vs. 13,5 kg). Hätte ich einen Mogli noch ähnlicheren Hund gesehen, ich hätte auch da einen Teil meines Herzens verloren, da ich mich mit Mogli scheinbar in diese Mischlingsart verliebt habe (vorher hatte ich nur große Hunde).
Als ich Frodo im Netz gesehen und zum 1. Mal besucht habe, war ich höchstens viertelherzig, was die Entscheidung für ihn anging, beim 2. Besuch halbherzig, und diese Halbherzigkeit hat sich auch in den ersten zwei Wochen gehalten. Mogli, das war 13 Jahre geschaffene und erlebte Gemeinsamkeit, ich konnte jede seiner Bewegungen und Äußerungen "lesen" und er meine umgekehrt irgendwie auch (mal ab davon, dass die Demenz am Ende seine Lesefähigkeit schon etwas in Mitleidenschaft gezogen hat).
Frodo war und ist durchgeknallt: Mogli hat zu Beginn ein bisschen, aber später nicht wirklich gerne gespielt. Frodo hat mittlerweile gut die Hälfte von Moglis Spielsachen geschreddert. Er spielt easy auch alleine mit drei Bällen. Morgens starre ich teilweise mit aufgerissenen Augen auf dieses kleine Bündel Lebenslust: Waden und Füße zwicken findet er geil, auch sich auf den Rücken werfen, mit den Beinchen zappeln und in die Luft treten und schnappen (nie fest). Dann jagt er mit einem Ball oder irgendwas, was er klaut, mit angelegten Ohren in die Küche, zurück ins große Zimmer unter dem Tisch durch auf die Couch, dann ins Schlafzimmer aufs Bett, dann wieder Küche, Couch, Bett, Küche, Couch, Bett. Wenn ich auf die Idee komme, mich in dieses Spiel einzumischen, nimmt er eine Runde unters Bett dazu, da bleibt mir nix als Kapitulieren. Schon ihm zuzusehen macht, dass ich heller in den Tag gehe als die vielen Wochen davor. 🤣
Wenn ich nicht nach ihm gucke, er aber meine Aufmerksamkeit will, kommt er neben mich, kratzt kurz am Bein und schwupps sitzt er auf meinem Schoss und holt sich seine Streicheleinheiten ab. Sobald ich ihn nicht sehe, gehe ich los, weil ich nie recht weiß, was er anstellt. Klotür auflassen ist Sünde, weil er sich in die Schwämmchen unterm Waschbecken verliebt hat. Die ersten zwei hat er zerpflückt, mittlerweile begnügt er sich damit, sie – wenn ich es doch mal vergesse – demonstrativ vor meine Füße zu werfen.
Anfangs habe ich mit seinem Anderssein als Mogli immer mal gefremdelt, auch weil ich unsicher war, ob ich für dieses kleine durchgeknallte Ding zu alt bin. Nun suche und finde ich sukzessive Wege zu versuchen, ihm und mir gerecht zu werden. Nach über 3 Monaten mit einer Wochendurchschnittsstrecke von unter 1 km meldet meine Health-App kontinuierlich neue Rekorde, auch verglichen mit Moglis letztem Jahr, wir sind unterwegs 👌 … Wenn ich nicht nur laufen, sondern ihn richtig austoben will, gehe ich mit ihm in einen eingezäunten Hundeauslauf, und er rennt sich die Seele aus dem Leib (natürlich nicht bei den 34 Grad im Moment). Da sein Sexualtrieb sehr ausgeprägt ist (anfangs hat er auch meine Beine für potenzielle Partnerinnen gehalten, das hat er aber schnell verstanden), sucht er sich die größte Hündin und klebt an ihr. Abrufen geht dann gar nicht, auch Leckerlis sind egal. Dann denk ich immer mal sehnsuchtsvoll an Mogli, der – wenn er mich kurz aus den Augen verloren hat oder wenn ich mich versteckt habe - mich verzweifelt gesucht hat, bis er mich strahlend wieder gefunden hat 😍... Und ich plane Veränderungen: Eine Frau aus einer Hundeschule hat mich besucht, und wir haben erste Übungen besprochen, außerdem kriegt er auf Rat meines Tierarztes am 26.8. einen Halb-Jahres-Chip, durch den chemisch eine Kastration auf Zeit passiert: Dann können wir sehen, wie sich sein Verhalten ändert, wenn ok, wird er 3-4 Monate später kastriert (die OP ist dann auch schonender, weil die Hoden noch verkleinert sind). Danach will ich in der Hundeschule auch eine Gruppe mit ihm besuchen, außerdem möchte ich – Freizeit voneinander für ihn und mich – dass er perspektivisch 1–2-mal die Woche in eine Hundetagesstätte geht.
Moglis Grab besuchen wir nun immer zusammen. Und wie schwer das Trauma des mit Mogli Erlebten, seine Bauspeicheldrüsenentzündung, der Milztumor und sein Tod, auf mir lastet, merke ich, wenn es Frodo nicht gut geht: Zweimal gab es einen Tag, an dem er nicht fressen wollte, erbrochen hat und sehr schlapp war, und ich bin sofort hell panisch zu meinem Tierarzt. Aber nach ein paar Stunden war alles wieder ok, der Tierarzt vermutet eine Futterunverträglichkeit und wir arbeiten daran.
Die Halbherzigkeit ist eine Ganzherzigkeit geworden: Manchmal sitzen wir zusammen auf der Bank auf dem Balkon, er in meinem Arm, und ich sag ihm "Frödchen, Frödchen, dich geb ich nicht mehr her ❤️