Ihr Lieben
Wahrscheinlich werde ich jetzt ganz viel Wut und Beschimpfungen ernten für meinen Post. Denn hier trauern alle um ihre geliebten Hunde und würden wohl alles geben, noch einmal das Fell zu streicheln und zu kuscheln.
Trotzdem muss ich meine Gefühle jetzt einfach mal loswerden. Ich habe leider niemanden zum Reden. Ich sag's ehrlich, ich schäme mich für meinen Post und habe riesige Angst vor euren Reaktionen.
Sarina wird im Dezember 17 Jahre alt. Sie hört nichts mehr, sieht kaum noch, ist mittelschwer dement. Ansonsten kerngesund (sämtliche Blutwerte). Sie ist auch zu Fuss noch gut unterwegs (6 mal täglich 20 Minuten) und freut sich, wenn sie andere Hunde begrüssen darf.
Ich bin seit drei Jahren konstant übermüdet (vielleicht bin ich deshalb gerade so dünnhäutig). Sarina muss seit etwa 14 häufiger Pipi machen (normal für eine kastrierte Hündin). Ich gehe um 23.30 Uhr das letzte Mal mit ihr raus, um 4 Uhr erneut, weil sie mich weckt. (Dies ist sicherlich auch ein positives Zeichen, dass sie trotz Demenz weiss: Man versäubert sich draussen.)
Fakt ist, ich komme seit drei Jahren maximal auf 4-5 Stunden Schlaf. Ich bin buchstäblich am Anschlag, denn ich habe auch noch einen anstrengenden Job.
Sarina braucht einen fast schon im Stundentakt geregelten Tagesablauf. Falls mal etwas anders abläuft als gewohnt, reagiert sie mit Erbrechen und heftigem Durchfall.
Sarinas "Alterslaunen" nehmen Dimensionen an, die extrem schwierig geworden sind. Ich kann sie nirgendwo mehr mitnehmen (Coiffeur, Einkaufen, zu einem Kaffee in einem Restaurant, kurze Sitzungen in der Schule, etc.), weil es ihr nicht "passt" und sie dann laut jammert und beginnt, Dinge zu zerstören. Wenn ich sie mal 60 Minuten allein zu Hause lasse, sieht die Wohnung aus, als hätte eine Bombe eingeschlagen.
Bei den kurzen geistigen Trainingseinheiten (sie freut sich immer sehr darauf), wird sie nach fünf Minuten aggressiv, ebenfalls beim Spielen. Sie verliert schnell die Kontrolle und beisst heftig zu. Kuscheln mag sie auch nicht mehr so sehr (ja, das tut mir eigentlich weh...).
Ich bin in ständigem Austausch mit dem TA. Er sagt immer, er sehe keinen Anlass, Sarina zu erlösen, da sie gesund sei. Aber falls die Situation für mich zu viel wird, dann soll ich mich melden und er wird sie erlösen.
Hallo? Nein, nur weil meine liebe Kleine sehr alt und anstrengend geworden ist, treffe ich doch nicht von mir aus eine solche Entscheidung. Ich hätte wohl mein Leben lang Schuldgefühle.
Vor zwei Wochen habe ich auch wieder meine Dame von der Tierkommunikation um Hilfe gebeten. Sie sagt, sie komme im Moment nicht an Sarina ran... Sie blockt ab.
WENN ICH WÜSSTE, DASS SARINA NOCH GLÜCKLICH IST UND FREUDE AM LEBEN HAT, NOCH HIER SEIN WILL, DANN WÜRDE ICH WIE EINE LÖWIN KÄMPFEN UND MICH ZUSAMMENREISSEN UND ALLE IHRE WÜNSCHE UND BEDRÜFNISSE TAPFER DURCHZIEHEN: ABER... ICH SPÜRE SARINA NICHT MEHR...
Traurig, aber wahr: Ich spüre meinen Hund nicht mehr. Ich denke, es ist die Demenz, die eine "Wand" zwischen uns aufbaut. Ich habe so viel Hundeerfahrung, war nie ohne Hund. Aber mit Demenz hatte ich noch nie zu tun. Ausser bei meiner Mutter, die vor 10 Jahren verstorben ist. Sie stand mehrmals vor mir und hat gesagt: "Liebe Krankenschwester, wissen Sie, wo meine Tochter ist? Sie hat mich seit Wochen nicht mehr besucht. Können Sie sie bitte kontaktieren?" Man, sie hat mir in die Augen gesehen und das gesagt, dabei war ich dreimal täglich bei ihr im Pflegeheim, habe mit ihr gegessen, war mit ihr spazieren...
Liebe Community, bitte beschimpft mich nicht. Dies ist ein Trauerportal. Ihr trauert alle um eure geliebten Fellnasen.
Bitte sprecht mir Mut zu, damit ich durchhalte und die richtigen Entscheidungen treffe.
Traurige Grüsse
Manu